3 Tipps, wie Customer Centricity gelingt und auch die Kasse klingelt.
von Gastautor am 06.August 2018 in Highlight, News, Trends & Analysenvon Ulf Hochwald
Verbraucher können heute so schnell und unkompliziert Preise und Angebote vergleichen wie nie zuvor. Deswegen ist Kundenbindung der Schlüssel für Retailer, um in der digitalen Welt bestehen zu können. Um Kundenbindung zu generieren, gibt es auch bereits einige Tools: zu den bewährtesten gehören Treueprogramme. Doch diese wirken nicht immer so, wie sie sollten. Verbraucher erwarten in Zeiten von Smart Data durchaus mehr als Sammelpunkte, die sie zu einem späteren Zeitpunkt einlösen können. Händler sind deswegen gezwungen, ihre Treueprogramme kundenzentriert einzusetzen. Die Frage ist: Was will der Kunde wirklich? Es gibt drei Stellen, an denen Retailer ihr Treueprogramm nachjustieren können, um diese Frage adäquat und erfolgreich zu beantworten.
Ein gutes Verhältnis zum Kunden zahlt sich für Händler aus: Kunden, die loyal zu einer Marke stehen, geben für diese auch mehr Geld aus. Zudem ist es wirtschaftlich effizienter, einen bestehenden Kunden zu halten und auszubauen, als einen neuen zu gewinnen. Ein erprobtes Mittel zur Beziehungspflege sind Treueprogramme. Diese sind bei Verbrauchern beliebt: Einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Colloquy zufolge, glauben 73 % der Befragten, dass sie sich „für sie lohnen“. Die schlechte Nachricht ist jedoch, dass mehr als die Hälfte der angemeldeten Teilnehmer die Vorteile des Programms nicht regelmäßig nutzt – und 28 % melden sich sogar ab, bevor sie jemals etwas eingelöst haben. Treueprogramme funktionieren häufig also nicht so gut, wie sie sollten.
Der Grund: Das Einkaufsverhalten hat sich verändert. Kunden erwarten neben der reinen Geldersparnis ein Einkaufserlebnis, das auf sie zugeschnitten ist. Mit den folgenden drei Tipps gelingt das:
1. Echte Mehrwerte durch Data Insights – der Umsatz kommt später
Viele Händler nutzen ihre Treueprogramme mit dem Fokus auf den Umsatz. Sie wollen die Kunden motivieren, mehr zu kaufen, um sie mit dem durch Sammelpunkte erzielten Preisvorteil zu locken. Doch Händler müssen versuchen, durch ihr Treueprogramm einen persönlicheren Mehrwert zu schaffen. Was will der Kunde über den bloßen Rabatt hinaus? Das ist eine ganze Menge, und das gilt es herauszufinden. Dafür müssen die gesammelten Kundendaten korrekt ausgewertet und die richtigen Erkenntnisse gewonnen werden.
Das funktioniert über Data-Insight-Lösungen, in denen Verhaltensdaten beliebig segmentiert werden können, um Muster im Kundenkaufverhalten zu erkennen. Wer viel ausgibt, könnte zum Beispiel besondere Vorteile erhalten, wie kostenlose Lieferungen oder spezielle Sonderangebote. Das belohnt vor allem umsatzstarke Kunden, die genau aus diesen Gründen erneut kaufen. Solche Fulfillment-Leistungen schmälern darüber hinaus die Gewinnmargen nicht, denn diese individuellen Vorteile erhöhen den Kundenumsatz und greifen idealerweise erst bei festgelegten Mindestumsätzen.
Doch Händler lernen durch ihre Treueprogramme weitaus mehr über ihre Kunden als nur, wie viel sie ausgeben. Sie erfahren, was ihnen wichtig ist. Ein Supermarkt, bei dem viele Kunden Kindernahrung kaufen, könnte so zum Beispiel überlegen, eine Partnerschaft mit einem Kinderbedarfs-Shop einzugehen. Offenbar sind viele der Kunden Eltern, die es als praktisch empfinden, über das Treueprogramm zusätzlich passende Rewards zu bekommen. Sie fühlen sich gut aufgehoben, weil sie in ihrem Bedarf umfassender bedient werden.
Vergleichbare Effekte lassen sich selbstverständlich für alle Branchen erzielen: Eine Hotelkette mit älteren, zahlungskräftigen Gästen, sollte andere Kooperationen eingehen, als eine mit jungen, sparsameren Gästen. Die Wahl zwischen Shuttle zur Oper und Freigetränk auf der Partymeile ist dabei entscheidend.
Kunden können durch Data Insights außerdem gezielt vom Abwandern zur Konkurrenz abgehalten werden. Die Datenauswertung gibt Aufschluss darüber, was Kunden gemein haben, die immer seltener kommen. Zum Beispiel können das Kunden sein, die vor allem eine bestimmte Marke im Laden gekauft haben, die nicht mehr im Sortiment ist oder die beim Wettbewerber günstiger angeboten wird.
Die Beispiele zeigen: Retailer sollten ihre Treueprogramme nicht in erster Linie als reinen Umsatztreiber betrachten, sondern als Instrument, um mehr über die eigenen Kunden zu erfahren. Indem sie intelligent darauf eingehen und das Einkaufserlebnis individueller gestalten, steigern sie die Kundentreue und damit langfristig auch ihren Umsatz. Das bedeutet echte Customer Centricity.
Ein weiterer Grund für den wertigeren Umgang mit Daten: In Deutschland sind die Verbraucher deutlich zurückhaltender bei der Herausgabe ihrer Daten. Mit der EU-DSGVO stehen Retailern, die ihre Treueprogramme nicht kundenzentriert aufsetzen, in ganz Europa harte Zeiten bevor. Wer seine Daten teilt, erwartet individuelle Vorteile durch eine sinnvolle Verwendung.
2. Die Customer Journey beginnt lange vor dem Kaufvorgang – ein Treueprogramm ebenso
Inhaltlich ist dieser Punkt eng verbunden mit dem ersten: Wer lediglich den Umsatz im Blick hat, neigt dazu, nur die Käufe zu belohnen. Dabei besteht die Customer Journey nicht nur aus dem Kaufvorgang allein. Im Gegenteil: Der Kauf ist der letzte Schritt einer Reise mit vielen verschiedenen Touchpoints. Das Treueprogramm muss daher in den Schritten davor aktiv werden.
Das Ziel sollte sein, mit dem Treueprogramm an möglichst vielen Touchpoints der Customer Journey präsent zu sein. Zum Beispiel macht es Sinn, Treuepunkte zu vergeben, wenn sich ein Programmteilnehmer für den Newsletter anmeldet und zusätzlich für die Empfehlung an einen Freund. Auch das Belohnen für das Schreiben von Rezensionen ist ein wirkungsvoller Anreiz.
Das hat auch einen sehr guten Grund: Ein wesentlicher Effekt bei der Kundenbindung ist Emotion. Gute Emotionen werden über Belohnungen ausgelöst. Wer das allerdings erst beim Kauf berücksichtigt, verpasst viele Gelegenheiten aktiver Kundenbindung auf dem Weg zum finalen Kauf. Schlussendlich ist es zwangsläufig, mit technischen Lösungen verschiedenartige Kundenaktivitäten zu belohnen. Dafür gibt es auch bereits viele geeignete Tools.
Ein weiterer Vorteil von diesem Vorgehen ist, dass Händler, die auch nicht-transaktionales Verhalten belohnen, auf diesem Weg belastende Preiskämpfe vermeiden können. Im Netz konkurrieren so viele Händler miteinander, dass durch reine Preisargumente kein Marktteilnehmer als Sieger hervorgeht. Vor allem dann nicht, wenn auch ein Handelsriese wie Amazon mit im Ring steht. Was Amazon aber (noch) nicht macht, ist: Kunden über Emotionen anzusprechen. Amazon ist durchaus kundenzentriert, doch dabei sehr fokussiert auf das Sortiment und die Preise. Das lässt eine Lücke für andere Händler.
3. Treueprogramme können auch das Kundenverhalten steuern
Wer kundenzentriert arbeiten möchte, denkt langfristig und hegt und pflegt seine Kunden. Das ist auch richtig. Doch mit einem effektiven Treueprogramm lässt sich das Kundenverhalten tatsächlich auch direkt steuern.
Einen treuen Kunden, der viel ausgibt, zu belohnen, festigt zwar die Bindung – doch wer nur seine aktiven Programmteilnehmer belohnt, der lässt erhebliche Potentiale ungenutzt. Es ist also auch wichtig, die Kunden zu identifizieren, die nur noch den sprichwörtlich letzten „Schubs“ brauchen. Das steigert den Umsatz – und nachhaltig praktiziert lassen sich solche Gelegenheitskäufer auch zu treuen, umsatzstarken Konsumenten entwickeln.
Hierbei sind erneut Data-Insight-Lösungen das richtige Tool. Zum Beispiel, um personalisierte Angebote auszuspielen. Es macht einen Unterschied, wann genau ein Kunde ein Angebot erhält. Kauft er lieber am Abend oder Nachmittag ein? Wer das herausfindet und gezielt nutzt, erhöht den Abverkauf bei diesem Kunden. Auch hier ist die Kundenzentriertheit der Schlüssel: Wer auf das Verhalten des Kunden wirklich eingeht, hat mehr von seinem Kundenbindungsprogramm.
Fazit
Treueprogramme sind ein wichtiger und nachhaltiger Hebel, um Kunden zu binden. Doch in Zeiten von Smart Data müssen sich auch diese Programme weiter professionalisieren. Statt nur ein simples Anreiz-System zu sein, müssen sie dafür eingesetzt werden, dem Kunden ein Einkaufserlebnis zu bieten. Das ist echte Customer Centricitiy, die Fokussierung auf das, was die Kunden wollen. Das wird mitunter das Geschäft von Händlern umkrempeln, wenn sie entdecken, dass die Kunden etwas anderes von ihnen erwarten als gedacht. So finden Händler ihre USPs und entwickeln diese stetig weiter – und binden ihre Kunden langfristig.
Über den Autor:
Ulf Hochwald ist Director Sales & Marketing von Inviqa, einem der größten Technologie-Partner für E-Commerce, Content-Management, Product-Information-
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