„Corona fördert eine Art Nestbautrieb“: Haus- und Gartenexerte Sebastian Arendt im Interview.

von Florian Treiß am 15.April 2020 in Highlight, Interviews, News

„Aktuell nimmt die Suche nach fast allen Themen zur Gestaltung von Haus und Garten massiv zu“, sagt Sebastian Arendt, CEO der Gartenhaus GmbH. Der ehemalige OBI-Manager leitet seit 2019 die Geschicke der Onlineplattform für Haus- und Gartenbedarf, die einen Schwerpunkt auf Online-Beratung setzt. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie das Geschäft jetzt in der Coronakrise läuft und welche Einrichtungstrends in Zeiten des Lockdowns zu beobachten sind.

Location Insider: Wie bemerkt die Haus- und Gartenbranche die Coronakrise?

Sebastian Arendt: Unsere Kundinnen und Kunden verbringen durch Kinderbetreuung, Homeoffice und Quarantäne nun sehr viel Zeit zu Hause. Damit wird es für sie noch wichtiger, Haus und Garten zu einem echten Wohlfühlort zu machen, also den Ort, an dem sie nun nahezu 24 Stunden 7 Tage die Woche verbringen, schön zu gestalten. Man könnte fast sagen, Corona fördert eine Art Nestbautrieb. Als e-Commerce Plattform für alle großen Projekte in Haus und Garten spüren wir dementsprechend deutlich eine vermehrte Nachfrage – sei es nach Spielmöglichkeiten im eigenen Garten, einem Gartenhaus zum Entspannen oder einen Geräteschuppen, um endlich mal aufzuräumen.

Location Insider: Sehen Sie auf Gartenhaus-gmbh.de z.B. spezielle Such-Trends?

Sebastian Arendt: Aktuell nimmt die Suche nach fast allen Themen zur Gestaltung von Haus und Garten massiv zu. Egal ob nach Kinderspielhäusern, um den Kids weitere Beschäftigungsmöglichkeiten im Garten zu schaffen, Häusern im modernen Cubus Stil, um sich das Homeoffice im Garten einzurichten oder 2-Etagen-Häusern, in denen man tatsächlich auch übernachten kann. Bei vielen ist es aber auch einfach nur der Geräteschuppen, um endlich mal im Garten und Keller für Ordnung zu sorgen. Auch spannend: das Thema Sauna ist dieses Jahr ein Sommerthema und wird „urbaner“. Hier sind es vor allem Menschen in den Städten, die nach Fasssaunen suchen. Design auf kompaktem Raum für kleine Gärten oder Dachterrassen ist zunehmend gefragt. Alle eint aber eines, der Trend geht ganz klar zum Werkstoff Holz. Nachhaltigkeit ist und bleibt wichtig.

Location Insider: Einer der Schwerpunkte von GartenHaus GmbH war schon bisher die Online-Beratung. Boomt die jetzt besonders, wo viele stationäre Geschäfte schließen mussten?

Sebastian Arendt: In der Tat merken wir hier eine starke Zunahme, insbesondere auch bei Kundengruppen, die bisher nicht als besonders online-affin galten. Ein Drittel unserer Mitarbeiter arbeitet im Kundenservice und 30% aller Kunden haben vorab Kontakt mit uns, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen. Denn ein Gartenhaus oder eine Sauna kaufe ich nicht einfach wie Bohrmaschine oder Rasenmäher über Amazon und Co. Unsere Produkte sind eine ganz andere Art von Anschaffung für den Kunden – der Warenwert liegt mit rund 3.000 Euro deutlich höher, da kommt ein LKW mit einem Paket was 1-2 Tonnen wiegt und über 10 Meter lang ist. Da wir uns als digitaler Fachhändler über Expertise und Beratung definieren, unterscheiden wir uns so einerseits vom klassischen E-Commerce, wo der Kunde allein entscheidet und kauft. Aber auch vom stationären Handel, beispielsweise dem Baumarkt, wo der Kunde sich erst mal mit der Frage beschäftigen muss, wie er nun die Ware nun nach Hause bekommt.

Location Insider: Wie groß war der Online-Anteil in Ihrer Branche denn bislang, z.B. in Hinblick auf Umsätze?

Sebastian Arendt: Der nicht digitalisierte Markt für unsere Projekte in Haus und Garten ist nach wie vor riesig und ein Segment, welches erst zu ca. 10% digitalisiert ist. 90% des Verkaufs hat vor Corona stationär stattgefunden, also beim Holzhändler um die Ecke, zusammen mit dem Handwerker oder im Baumarkt. In den Anfängen, und das ist erst drei bis vier Jahre her, war das reine E-Commerce-Geschäft eine Nische. Doch mittlerweile wächst das Online-Geschäft stark an, bei uns sind es jedes Jahr um 25-30% und wir haben 2019 damit 30Mio Euro Umsatz gemacht. Kunden sind zunehmend dankbar, wenn es jemanden gibt, bei dem sie ihr Projekt als Rundum-Sorglos-Paket mit allem Zubehör, Lieferung und Aufbau-Service kaufen können, und das am liebsten bequem von Zuhause auf dem Tablet.

Location Insider: Und wie könnte sich der Online-Anteil nun entwickeln?

Sebastian Arendt: Der Anteil wird weiter deutlich steigen. Immer mehr Kunden merken gerade, dass sie das physische Anfassen bei Artikeln aus dem Haus und Garten Segment immer weniger bis gar nicht brauchen, weil wir Ihnen neben der Beratung guten Content bieten und das für 30.000 Artikel auf einen Blick. Der stationäre Handel um die Ecke hat, wenn man Glück hat, drei Häuser in der Ausstellung aufgebaut. Dementsprechend kann man dort vor Ort die Produkte auch selten live sehen, geschweige denn Veränderungen und Trends mitgehen.

Wir gehen diese Digitalisierung im Übrigen auch mit anderen Fachhändlern gemeinsam an und bieten beispielsweise an, unsere starken Marken wie Alpholz bei Gartenhäusern oder Finntherm im Saunabereich auch über ausgewählte Fachhändler zu vertreiben. Wir als digitale Plattform wissen, was Kunden suchen und welche Topseller auch im Baumarkt oder Fachhandel gut funktionieren.

Location Insider: Was macht Ihnen Mut und Hoffnung in dieser schwierigen Zeit?

Sebastian Arendt: Es sind auf einmal Dinge möglich, die in Deutschland vorher oft grundsätzlich verneint wurden. Digitale Geschäftsmodelle werden zum Standard, die Kommunikation in und zwischen Unternehmen und Kunden über digitale Kanäle wird Alltag. Und siehe da, es funktioniert.

Wir merken, dass sich die Menschen wieder auf wesentliche Dinge besinnen, und dass gerade in unsicheren Zeiten das eigene Zuhause der wichtigste soziale Ort für Familien ist. Das vergessen wir manchmal bei all der Hektik da draußen. Und wir sind als GartenHaus GmbH stolz, ein Stück weit dazu beizutragen.

Location Insider: Vielen Dank für das Interview!


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