eBay Enterprise ermöglicht die Einbeziehung von Filialen in die E-Commerce-Wertschöpfung.
von Matthias Hell am 18.November 2014 in Local HeroesÄhnlich wie Gaxsys versteht auch die von eBay Enterprise angebotene E-Commerce-Lösung Ship-from-Store Ladennetze gewissermaßen als virtuelles Logistikzentrum: im Onlineshop eingehende Bestellungen können von den Filialen vor Ort abgewickelt werden. Vor allem in die USA und in Großbritannien stößt Ship-from-Store auf gute Resonanz, in Deutschland wird das System erst von wenigen Kunden eingesetzt. eBay-Enterprise-Europachef Michael Kliger sieht darin ein Zeichen für die noch recht geringe Omnichannel-Verbreitung hierzulande, aber auch für organisatorische Hemmnisse bei vielen Handelsunternehmen.
Hinter Ship-from-Store steht eine Software-as-a-Service (SaaS) Plattform, auf welcher die in das Shopsystem eines Händlers eingehenden Bestellungen in Echtzeit mit den Beständen der Filialen abgeglichen werden. Die Bepreisung erfolgt dabei standardmäßig in Abhängigkeit vom Ordervolumen.Die Bestandsdaten werden bei Ship-from-Store idealerweise im 15-Minuten-Takt, oft aber auch nur einmal täglich zum Bestandsabschluss aktualisiert. Die Filialzuordnung der Online-Bestellungen erfolgt gemäß von den Handelsunternehmen festgelegter Optimierungsregeln: So kann es etwa sein, dass ein Händler seine Stores nur dann in die Abwicklung miteinbezieht, wenn ein Artikel nicht im Zentrallager vorrätig ist. Andere Händler priorisieren dagegen grundsätzlich die Bestellabwicklung über ihre Filialen.
Ladenmitarbeiter können sich in die SaaS-Plattform einloggen und aktuelle Picking-Listen abrufen. Ebenso können Rechnungen und Versand-Labels direkt aus dem System erstellt werden. Ist ein Artikel versandbereit, wird eine Rückmeldung an das Order Management System des Onlineshops verschickt. Die Abwicklung von Retouren ist beim Einsatz von Ship-from-Store prinzipiell auch unter Miteinbeziehung der Filialen möglich, wird aber, wie Michael Kliger berichtet, in den meisten Fällen noch zentral organisiert.
Dezentrales Fulfillment bietet viele Vorteile
Beim Deutschlandstart von Ship-from-Store hatte eBay Enterprise noch von 30 Markenherstellern und 22 Retailern gesprochen, die die Lösung in insgesamt 2.756 Ladengeschäften einsetzten, inzwischen liegt diese Zahl bei 42 Marken und 29 Händlern, die Anzahl der angeschlossenen Geschäfte soll bis Ende 2014 auf rund 6.000 anwachsen. Nach Angabe von Michael Kliger wird Ship-from-Store in Deutschland allerdings erst von vier Unternehmen genutzt. Die schwedische Modemarke Tiger of Sweden fungiert mit ihrer Ladenkette Peak Performance als Referenzkunde.
„Für den Einsatz von Ship-from-Store kann es verschiedene Motive geben“, erklärt Kliger, „zum Beispiel die Optimierung von Shipping-Zeiten und Kosten, aber auch eine Verbesserung der Bestandssituation“. So gebe es einen deutschen Ship-from-Store-Partner, der bislang in seinem Onlineshop nur eine begrenzte, im Zentrallager verfügbare Artikelauswahl anbieten konnte. Mit Ship-from-Store habe sich dieses Sortiment nun auf sämtliche, in den Filialen vorrätigen Artikel vergrößert. Dass die Lösung für den Handel handfeste Vorteile biete, zeige sich laut Kliger auch daran, dass bei einigen Händlerpartnern bereits 30 Prozent des E-Commerce-Volumens per Ship-from-Store abgewickelt werde.
Wie Michael Kliger berichtet, biete eBay Enterprise – das unter dem Namen GSI Commerce 2011 von dem E-Commerce-Plattformbetreiber übernommen wurde – Ship-from-Store als technischer Lösungsanbieter auch für Unternehmen an, die auf eBay vertreten seien. Denn letztlich handele es sich Ship-from-Store um die gleiche Lösung, egal ob diese an einen Onlineshop oder einen Marktplatz wie eBay angeschlossen sei. Dass das Thema Omnichannel bei eBay immer stärker im Mittelpunkt steht, verleiht auch der Dienstleistungs-Tochter Rückenwind: „Dass eBay nun auf Click&Collect setzt, hat einen Leuchtturmeffekt, der auch uns sehr hilft, indem er andere dazu bringt, über solche Themen nachzudenken“, so Kliger.
Die Unternehmensorganisation als Hemmschuh
Die noch zurückhaltende Resonanz auf Ship-from-Store in Deutschland sieht Kliger zum einen in der noch recht geringen Verbreitung von Omnichannel hierzulande, was zum Beispiel in Großbritannien bereits deutlich anders sei. „In Deutschland ist es oftmals schon das Maximum, wenn ein Händler Click & Collect anbietet – mit Ware, die aus dem Lager an die Filialen geliefert wird“, stellt Kliger fest.
Zudem sei Ship-from Store eine Herausforderung für Unternehmen, die ihr E-Commerce-Geschäft als komplett eigenständige Gesellschaft konzipiert hätten. Aus Sicht solcher Unternehmen erhalte bei Ship-from-Store eine Gesellschaft den Auftrag, während die Bestellabwicklung von der anderen Gesellschaft erledigt werde. „Es entstehen dann schnell Fragen wie zum Beispiel diejenige nach der Zuordnung von Umsätzen, die auf diese Weise erwirtschaftet werden“, erklärt Kliger. Bei Verbundgruppen oder Franchise-Systemen bestünde oft eine noch größere Trennung zwischen Online- und Filialgeschäft und seien hier noch größere Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen.
Für Martin Kliger stellt ein System wie Ship-from-Store aber vor allem einen Vorteil für den stationären Handel dar, um sich zu differenzieren: „Das Fulfillment wird so von einer Last zu einem Vorteil umgewandelt.“ Zudem könne auch mehr Rentabilität in den Filialen erzielt werden. „Bei einzelnen unserer Kunden betragen die Zusatzeinnahmen in den Filialen durch Ship-from-Store inzwischen vier bis fünf Prozent – das kann für die Geschäftsentwicklung durchaus entscheidend sein“, so der Europachef von eBay Enterprise.
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