Emmas Enkel expandiert nach Berlin.
von Matthias Hell am 25.August 2014 in Local HeroesMit einem Supermarkt-Vollangebot auf kompakter Größe, QR-Codes und der Same-Day-Delivery von Online-Bestellungen ist das Düsseldorfer Lebensmittel-Startup Emmas Enkel bei nahezu sämtlichen Trendthemen vorne dabei. Innovation ist dabei nie Selbstzweck, sondern dient dem Ziel, den klassischen Lebensmittelhandel zeitgemäß neu zu interpretieren. Damit stößt Emmas Enkel nicht nur in Branchenkreisen auf positive Resonanz, sondern ist auch kräftig auf Wachstumskurs, wie Mitgründer Sebastian Diehl im Local Heroes Sommer-Interview erklärt: So wird das Startup bald in Berlin mit einem Ladengeschäft und taggleicher Lieferung präsent sein. Zudem baut Emmas Enkel seine QR-Code- und Shopping-App-Aktivitäten weiter aus und denkt sogar über eigene Shopping-Devices nach.
Location Insider: Wie hat sich Emmas Enkel in den vergangenen zwölf Monaten entwickelt?
Sebastian Diehl: Wir verzeichnen weiter ein kontinuierliches Wachstum, und das auf hohem Niveau in Bezug auf die Fläche, die wir bespielen. Der Lieferanteil liegt inzwischen bei circa 70 Prozent, leicht steigend, da wir online stärker wachsen als offline. Die Feierabendlieferung haben wir technisch auch schon auf das Rheinland ausgeweitet, dazu haben wir ein neues Virtual Shelf in Köln bei der GS1.
In Berlin befinden wir uns mit einem Händler vor Ort derzeit in einer Testphase mit Freunden und Bekannten. Hier wird es auch bald losgehen. Dann erreichen wir aus drei Kleinflächen – aber trotzdem mit einem Supermarktsortiment – fast 15 Millionen Leute same-day.
Location Insider: Im vergangenen Jahr hat Emmas Enkel in Essen eine erste Filiale eröffnet. Ist die Entwicklung mit dem Stammsitz in Düsseldorf vergleichbar?
Sebastian Diehl: Essen entwickelt sich inzwischen gut. Wir hatten am Anfang etwas damit zu kämpfen, dass wir eben nicht immer überall sein können, aber diese Entwicklung gehört wohl auch dazu. Inzwischen hat das Gastronomie-Angebot einen guten Anteil dort am Umsatz und der Online-Anteil steigt auch kontinuierlich. Vom Split her, liegt er noch hinter Düsseldorf, was aber eben an den stationären Umsätzen in Essen liegt.
Location Insider: Auf Ihrer Webseite suchen Sie nach interessierten Franchisenehmern. Setzen Sie bei der Expansion grundsätzlich auf das Franchise-Modell?
Sebastian Diehl: Wir sind da nicht so festgelegt. Franchise ist eine Option, bestehende Partner wie in Berlin – die aber unser Logo und CI nutzen – ebenfalls. Nachfrage ist viel da, aber für uns steht immer noch das nachhaltige Wachstum an erster Stelle und nicht Wachstum um jeden Preis.
Location Insider: Seit gut einem Jahr ist Emmas Enkel auf dem Vodafone Campus mit einem „Virtual Shelf“ –einer QR-Code-Bestellwand – vertreten. Vor kurzen sorgte nun Allyouneed.com mit QR-Codes an den Packstationen von DHL für Aufsehen. Wie sind Ihre Erfahrungen: ist das „Virtual Shelf“ mehr als nur ein Marketing-Gag?
Sebastian Diehl: Es schafft Aufmerksamkeit, daher ist das mit dem Marketing-Effekt schon ganz richtig. Wir haben festgestellt, dass zunächst viele kleine Bestellungen kamen, heute sind es weniger, dafür komplette Einkäufe, und meist mit Home-Delivery. Grundsätzlich sind diese Shelves aber konventioneller Werbung weit überlegen und stellen in Kombination mit einem Pick-Up-Point vor Ort einen echten Mehrwert für die Mitarbeiter da.
Location Insider: Im Knowledge Center von GS1 Germany haben Sie kürzlich ein weiteres Virtual Shelf installiert. Auf Ihrer Webseite bieten Sie zudem an, weitere Videowalls bei Bedarf aufzustellen. Wie ist hier die Resonanz?
Sebastian Diehl: Die Resonanz ist gut, kommt aber oft von Konzernen. Bis das dann verabschiedet wird, dauert es meistens. Grundsätzlich ist die Entwicklung dieses Formates aber super für uns gewesen und insbesondere für die Zukunft planen wir noch so einiges damit. Hier steht die Entwicklung ja erst am Anfang.
Location Insider: Inzwischen gibt es auch eine Emma-Enkels-App inklusive Scanfunktion für Barcodes. Wäre da nicht ein Shopping-Device wie das Amazon Dash der logische nächste Schritt?
Sebastian Diehl: Ich glaube, dass Apps enorm wichtig sind. Hier können Kunden in der Bahn, im Zug oder sonstwo shoppen und sogar den gleichen Warenkorb füllen. Tote Zeit wird also genutzt, die Freizeit kann für angenehmeres als Schlange stehen und Tüten schleppen genutzt werden.
Ob dazu ein eigenes Device nötig wird und ob es der „Dash“ wird, wird sich zeigen. Grundsätzlich kann ich mir ein Device vorstellen, aber ich denke, es wird nicht ganz ohne Bildschirm, zum Beispiel für Rezepte, auskommen. Wir haben da schon eigene Ideen.
Location Insider: Wo sehen Sie generell den Online-Lebensmittelhandel in Deutschland im Vergleich zu vor einem Jahr?
Sebastian Diehl: Wir sind mit unserer Entwicklung sehr zufrieden. Die bestehende Fläche in Düsseldorf performt immer besser, Essen läuft gut an. Nun sind wir gespannt auf Berlin und die neuen Projekte, die danach starten werden.
Daneben nehmen wir positiv zur Kenntnis, dass zum Beispiel Rewe das Thema pusht und es somit in die Köpfe der Leute bringt. Der Markt ist noch klein, insbesondere im Verhältnis zum Gesamtmarkt, aber es sind derart viele Weichen gestellt worden – technisch und anbieterseitig –, dass der Trend wohl kaum wieder umgekehrt wird. Die letzten Prognosen sehen das ähnlich. Daher sehe ich den Online-Handel ein gutes Stück weiter als vor einem Jahr.
„Neue Helden braucht der Handel“, so lautet das Motto unserer Artikelserie Local Heroes. Folgerichtig geht es uns mit den Beiträgen der Rubrik nicht darum, x-beliebige Fallbeispiele aneinanderzureihen, sondern ein Bewusstsein zu schaffen für den Handel der Zukunft, der auf ganz selbstverständliche Weise die Grenzen von Online und Offline überschreitet. Deshalb begleitet Location Insider auch nach der Erstveröffentlichung kontinuierlich den weiteren Werdegang der jeweiligen Unternehmen. Die ereignisarmeren Sommerwochen wollen wir nutzen, um im Rahmen einer Interview-Serie einen tiefergehenden Blick auf die Entwicklung besonders spannender „Local Heroes“ zu werfen.
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