Interview mit Tim Frey und Christian Schmitt über die neue App Stappz: „Eine Mischung aus Twitter und standortbasierter Wikipedia.“
von Christian Bach am 10.November 2014 in Interviews„Stappz ist eine neue Plattform, mit der sich Menschen über lokale Ereignisse und Informationen austauschen können“, erklärt Tim Frey. Tim Frey ist gemeinsam mit Christian Schmitt Geschäftsführer des Karlsruher Startups Iunera. Beide starten morgen die neue Android-App Stappz. „Wenn man Stappz unbedingt mit anderen Plattformen oder Tools vergleichen möchte, ist es am ehesten eine Mischung aus derzeitiger Aktivität à la Twitter und einer Location-based-Wikipediawelt“, so Schmitt. Nutzer können Texte oder Bilder an bestimmten Orten ablegen und andere User können diese sogenannten Stappz sehen und darauf antworten. Finanziert werden soll die App über Werbung. „Unser Gedanke ist, dass sinnvolle lokale Werbung an sich selbst einen Mehrwert für Benutzer bietet. Zum Beispiel können wir uns u.a. Rabattgutscheine, sponsored Stappz oder Premium-Places vorstellen“, sagt Frey. Nach dem morgigen Start wollen die zwei Gründer erst einmal eine Nutzerbasis aufbauen, um eine kritische Masse zu erreichen. Dabei soll ab dem kommenden Quartal dann auch eine iOS-App helfen.
Location Insider: Morgen starten Sie mit Stappz eine neue standortbasierte App. Das Ziel der Plattform ist es, dass Menschen sich über lokale Ereignisse und Informationen aus dem Leben austauschen. Wie genau funktioniert Stappz?
Tim Frey: Mit der Stappz-App wird eine Information bestehend aus Bildern und/oder einem Text an der derzeitigen Geoposition des Benutzers abgelegt. Diese Information nennen wir einen Stapp. Ein solcher Stapp kann nur dann ablegt werden, wenn man sich an der entsprechenden Location befindet. Andere Nutzer, die sich in einem einstellbaren Umkreis von bis zu 20 Kilometern befinden, können diese abgelegten Information sehen und in ihren Favoriten abspeichern (Pinnen) oder darauf mit einem eigenen STAPP antworten. Zusätzlich können eigene oder gefundene Stappz einzeln als Link an andere Stappz-User verschickt werden. Hierbei setzen wir auf Deeplinks, die es den Benutzern ermöglichen, Links mit anderen Stappz-Benutzern über herkömmliche Messaging-Tools z.B. Twitter, WhatsApp oder Facebook auszutauschen.
Ziel ist es eine Plattform zu schaffen auf der Menschen lokale Ereignisse und Informationen aus dem Leben tauschen. Wie oft passiert etwas um einem herum und man fragt sich was da gerade los ist. Oder man fragt sich was am letzten Tag, vor einer Woche oder noch früher an einem Ort passiert ist? Stellen wir uns vor, auf jeder Position auf der Welt kann alles markiert, geliked und erweitert werden. Eine Art Wikipedia für die Welt – Warum sollte man sich auf das begrenzen was vorgeben wird? Warum sollte nicht jeder Benutzer die Freiheit haben die Welt zu bereichern? Wir möchten Stappz nicht begrenzen – es ist ein Werkzeug um lokal etwas abzulegen und zu sehen, was um einem herum passiert. Wir sind gespannt was Benutzer damit machen.
Location Insider: Die Grundidee ist „What’s live near you“. Wie genau unterscheidet sich Stappz dabei von Yelp, Foursquare, Facebook und Co?
Christian Schmitt: Yelp, Foursquare und Facebook-Places haben einen Fokus auf den Platz bzw. den Ort selbst und zeigen dann teilweise wer sich dort aufgehalten hat und über diesen Platz geschrieben wird. Der Umkreis eines Platzes und was Menschen in dessen Umgebung tun wird dabei nicht beachtet. Bei Stappz ist das etwas anderes. Uns ist das wichtig, was Menschen in der Umgebung sagen, machen und wie sie leben. Stappz soll im Gegensatz hierzu eine lokale (Umkreis-) Kommunikation ermöglichen, die nicht auf einzelne und vorgefertigte Plätze beschränkt ist.
Wir haben daher von einem komplizierten Anlegen von Plätzen abgesehen, da es zum einen umständlich ist und zum anderen die Lebensrealität nicht widerspiegelt. In Stappz kann ein Platz ganz einfach per @platzname angelegt werden oder ausgewählt werden, wenn er schon existiert. Intern speichern wir die Geoposition, damit ein Benutzer frei entscheiden kann wie er seine Position benennt. Wenn man Stappz unbedingt mit anderen Plattformen oder Tools vergleichen möchte, ist es am ehesten es eine Mischung aus derzeitiger Aktivität à la Twitter und einer Location-based-Wikipediawelt.
Location Insider: Wie finanzieren Sie die App und wie wollen Sie in kurzer Zeit eine kritische Masse erreichen, um den Nutzern Mehrwerte bieten zu können?
Tim Frey: Eine Brücke auf der man Schlösser hinterlässt oder eine Bank in die Menschen ein Herz ritzen – all das scheint einen Mehrwert für die Menschen zu geben. Wikipedia ist auch auf einer leeren Wiese gestartet worden. Warum sollten Menschen nicht anfangen zu teilen, was um sie herum passiert? Stappz an sich ist ein Mehrwert selbst mit leerem Inhalt. Unser Gedanke ist, dass sinnvolle lokale Werbung an sich selbst einen Mehrwert für Benutzer bietet. Zum Beispiel Können wir uns Rabattgutscheine, sponsored Stappz oder Premium-Places ö.ä. vorstellen. Allerdings nur dann, wenn diese dem Nutzer einen Vorteil verschaffen, wenn er beispielsweise Samstag einkaufen geht, in einer neuen Stadt Anschluss sucht oder die Hotspots der Club-Szene finden will.
Im Bezug auf die kritische Masse ist das Lokalitätsprinzip von Stappz besonders interessant, da es nicht zwingend an jedem Platz der Welt sofort abgesetzte Stappz geben muss. Viel spannender wird es, wenn es (zumindest zu Beginn) an lokalen Hotspot benutzt wird. Wenn beispielsweise in einer Stadt viele Stapper unterwegs sind. steigt der Spaß und auch der Nutzen.
Location Insider: Sie haben sich gegen eine Karte und für eine einstellbare Umkreisbegrenzung entschieden. Ihr System basiert also auf GPS oder nutzen Sie auch Bluetooth, Wlan oder andere Technologien?
Christian Schmitt: Wir glauben nicht daran, dass eine Karte derzeit wirklich einen Nutzen bringt, wenn man eine lokale Kommunikation ermöglichen möchte. Dazu ist unsere Welt zu dynamisch und es würde sich die Frage stellen, wie man die zeitliche Dimension auf der Karte darstellt. Sobald wir ein Konzept oder genügend Anregungen haben, kann sich das jedoch ändern und wir setzten doch eine Karte ein. Wir sind hier besonders gespannt auf Feedback über den Ansatz keine Karte zu verwenden.
Stappz basiert auf einem eigensentwickelten Hybrid-Location-Service, das quasi alle vom Gerät unterstützten Funkdaten verarbeiten kann. In der ersten Version basiert Stappz auf GPS, Wlan und GSM-Funkdaten. Das Scannen der Technologien dauert unterschiedlich lang und ergibt natürlich verschiedene Genauigkeitswerte. Unser Location-Service macht ein Location-Refinement sobald ein Scan erfolgreich abgeschlossen ist. Das erlaubt einen guten Spagat zwischen Usability, Batterieverbrauch, Genauigkeit und Geschwindigkeit und das auch in verschiedenen Umgebungen (z.B. in der Stadt oder auf dem Berg beim Skifahren).
Location Insider: Nutzer können quasi auch offline Inhalte posten, die später veröffentlicht werden. Stammt diese Idee von WhatsApp oder wie sind Sie darauf gekommen?
Tim Frey: Die Idee stammt von Nutzern selbst. Einer wollte Bilder von einem Fußballspiel auf dem Land posten und hatte dabei direkt am Sportplatz keine Verbindung. Eine Andere wollte während ihrem Dschungeltrip auf Costa Rica ohne Daten-Roaming Stappz ablegen und diese später im Hotel hochladen. Da wir solches Feedback öfter erhalten haben, war es klar, dass eine solche Funktionalität wichtig für die Benutzer ist und wir haben sie umgesetzt. Wir sind schon in der Betaphase unserem Leitspruch gefolgt: „Your opinion matters“. Dies werden wir auch weiter tun. Wir versuchen zu erkennen, was den meisten Benutzern wichtig ist und was nicht. Auch wenn wir es nicht immer sofort schaffen zu reagieren, versuchen wir dennoch so viel wie möglich Feedback auszuwerten.
Location Insider: Stappz soll eine lokale App sein, die aber weltweit genutzt werden kann. Derzeit bieten Sie eine Android-Version. Für wann planen Sie die iOS-App?
Christian Schmitt: Aus diversen technischen Vorteilen und aufgrund des hohen Marktanteils fiel unsere Wahl auf Android. Wenn Stappz funktioniert und bei den Nutzern ankommt werden wir zeitnah die Entwicklung der iOS-App starten. Eine große Nutzeranzahl, die auf uns aufmerksam geworden ist, fragt regelmäßig nach Stappz auf iOS. Wenn alles so läuft wie geplant, wollen wir das im nächsten Quartal noch ausrollen.
Location Insider: Wie gehen Sie mit dem Sprachproblem um? Sind ihre Apps in verschiedenen Sprachen verfügbar und werden Inhalte eventuell übersetzt?
Tim Frey: Wir gehen live mit: Deutsch, Englisch, Spanisch und Portugiesisch und dabei hatten wir großartige Hilfe von guten Freunden und Unterstützern aus aller Herren Ländern. Wir haben auch schon Inhaltsübersetzungen angedacht, sind uns aber noch nicht sicher, ob dies wirklich von den Nutzern gewünscht wird. Wir fahren da getreu unserem Motto, dass Nutzer und Feedback bestimmt, welche Funktionalität wir als nächstes implementieren.
Location Insider: Welche Ziele haben Sie für dieses Jahr noch?
Christian Schmitt: Nach dem Rollout morgen werden wir uns voll darauf konzentrieren weitere Nutzer zu gewinnen. Ein persönlicher Wunsch für uns als Karlsruher Startup ist es in Karlsruhe einen großen Hotspot zu erzeugen.
Location Insider: Vielen Dank für das Interview!
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