Wie können Chatbots dem Handel helfen?

von Markus Gärtner am 15.September 2016 in News, Trends & Analysen

Marktjagd BotSeit kurzem tummeln sich so genannte Chatbots auf der Trend-Landkarte. Viele Experten sehen eine große Zukunft für die Programme, vor allem wegen der weltweit massenhaften Nutzung von Messengern wie Facebook und Co, in denen die Chatbots arbeiten können. Bis 2020 werden knapp 4,2 Milliarden Menschen Messenger nutzen, sagt das Marktforschungsunternehmen The Radicati Group voraus. Microsoft-Chef Satya Nadella sieht in den Chatbots schon die neuen Apps und auch bei Facebooks Entwicklerkonferenz F8 gab es großes Bohei um die kleinen Helfer. Wo kommen sie schon zum Einsatz und was sind die Schwachstellen?

Chatbots sollen auf der anderen Seite eines Dialogs einen Menschen simulieren. Die Programme lernen durch die Kommunikation mit dem Menschen selbst dazu und sollen so immer besser, also menschlicher werden. Apples Siri, Amazons Alexa, Microsofts Cortana und Google Now sind die bekannten Beispiele. Unternehmen können die Bots immer dann einsetzen, wenn relativ einfache Anweisungen ausreichen, um einem Kunden zu helfen, seine Wünsche zu befriedigen. So könnte ein Chatbot z.B. bei einem einfachen Standardproblem im Kundenservice beinahe genauso gut helfen wie sein menschliches Pendant. Und er wäre langfristig natürlich preiswerter. Die Programme verdanken ihren Aufstieg der zunehmenden Rechenleistung und den Entwicklungssprüngen in Spracherkennung und künstlicher Intelligenz.

Die Einsatzbereiche sind vielfältig: Der Bot Meekan übernimmt auf dem Messenger Slack die Oranisation von Meetings, Kasisto kann Geld überweisen, Poncho sagt wie das Wetter wird, dem Bot YouTubeSearch kann man sagen welches Video man sehen will, Elias unterstützt beim Ausfüllen der leidigen Steuererklärung, bei Pizza Hut in den USA kann man seit kurzem per Bot bestellen. Vor allem in Messengern und Chatdiensten spielen die Bots eine immer wichtigere Rolle. In China und Japan kommunizieren täglich Millionen Nutzer mit Xiaoice. Die virtuelle Freundin merkt sich Details, die der Nutzer erzählt hat und fragt später nach, wie der Stand der Dinge ist.

Marktjagd_Snapchat-Konversation2Im Online-Handel spricht man aufgrund der Dialogprogramme von „Conversational Commerce“. Auch bei deutschen Unternehmen sind die ersten Bots schon im Einsatz: Marktjagd bietet digitale Prospekte von Händlern und hat im September einen Chatbot für den Facebook Messenger gestartet. Nutzer können das automatisierte Chat-Programm nach lokalen Angeboten von bestimmten Firmen oder Branchen fragen und werden dann zu den jeweiligen Prospekten im responsiven Online-Portal von Marktjagd.de weitergeleitet. Auch für Snapchat hat das Unternehmen bereits einen Bot aktiviert. „Bots sind kein Nischenthema für Geeks mehr, sondern werden schon bald für eine breite Konsumentenschicht interessant sein. Die Öffnung des Facebook Messengers für Chatbots von Drittanbietern ist ein Meilenstein auf diesem Weg“, meint Marktjagd-Geschäftsführer Benjamin Thym.

Auch der Lebensmittel-Shop des DHL-Marktplatzes Allyouneedfresh.de arbeitet seit einiger Zeit mit einem Bot bei WhatsApp. Nutzer schicken einfach ihre Lebensmittelliste oder sogar ein Foto eines Rezepts und erhalten einen Link zum fertigen Warenkorb. Trotzdem braucht der Bot natürlich noch menschliche Unterstützung, also prüfen Mitarbeiter die Auswahl. Allyouneedfresh-Geschäftsführer Jens Drubel ist dennoch angetan: „Bereits heute können wir sagen, dass die positive Art, wie der Service angenommen wird, und das Tempo, mit dem er sich verbreitet, die Vermutung ­nahelegt, dass es weitergehen wird.“

Auch bei Zalando hilft ein Bot bei der Bestellung. Der Online-Modehändler kooperiert dafür mit dem Startup Chatshopper. Deren Bot erkennt im Idealfall anhand von Kategorien wie Hemd, Pullover, Hose, Farbe, Größe etc. was der Nutzer genau haben möchte und leitet dann die Anfrage an Zalando weiter. Auch hier hilft bei Unklarheit der Maschine ein Mensch nach. „Im ersten Schritt kommt es darauf an, dass der Bot überhaupt versteht, was der Kunde will. Im zweiten Schritt kann er lernen, die Vorschläge zu optimieren und zu personalisieren. Wir sind bei Schritt eins, in der Trainingsphase“, betont Gründerin Antonia Ermacora. Der Bot soll aber auch ein Mindestmaß an Smalltalk beherrschen.

Macy's US-Warenhauskette US-Händler shutterstock_229276813Im US-Kaufhaus Macy’s beantwortet der Shopping-Bot „Macy’s On Call“ einfache Fragen über spezifische Produkte und leitet die Kunden durch das Geschäft. Der Bot greift dafür auf die künstliche Intelligenz von IBMs Supercomputer Watson zurück. Dessen Technik kam auch schon beim Outdoor-Ausrüster North Face zum Einsatz.

Auch im Payment-Bereich können Bots zum Einsatz kommen. Experten glauben, dass sich – ähnlich wie bei Apps – für verschiedene Einsatzbereiche auch ebensolche Bots etablieren könnten. Doch die Technologie ist noch in der Anfangsphase. Rückschläge sind natürlich vorprogrammiert. Als Microsoft bei Twitter seinen Chatbot Tay testen will, füttern einige menschliche Trolle das Programm mit üblen Aussagen – innerhalb von 24 Stunden ist aus dem selbstlernenden Chatbot so ein rassistischer Hitler-Fan geworden. Auch die Entwickler von Cortana berichten, dass es beim Start des Programms immer zu dem selben Phänomen kommt: Die Nutzer fragen zuerst nach den sexuellen Vorlieben der digitalen Helferin oder beleidigen sie.

Es kommt also noch immer auf den Menschen an – im Guten wie im Schlechten. Zum einen als Lehrmeister und Vorbild für die Chatbots, zum anderen ist für umfassende Beratung oder kompliziertere Vorgänge immer noch ein Mitarbeiter aus Fleisch und Blut nötig. Den Menschen an sich werden sie in vielen Bereichen also noch nicht ersetzen. Doch der stets weiterwachsende technologische Fortschritt lässt in mittelferner Zukunft viel Arbeit für die Chatbots erkennen. „Chatbots sind der Katalysator aller aktuellen digitalen Entwicklungen und deshalb bei uns in Deutschland sogar noch unterbewertet“, meint Laurent Burdin.
internetworld.de, onlinehaendler-news.de, handelsblatt.com, mittelstand-die-macher.de, haufe.de

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