New Yorker vs. Amazon: Nebelkerze statt Online-Strategie.

von Florian Treiß am 23.August 2019 in Kommentar, News

Filiale der Modekette New Yorker in Leipzig (Bild: Location Insider)

Große Bühne für Friedrich Knapp: Der Inhaber und Chef des Modefilialisten New Yorker hat via Textilwirtschaft-Interview juristische Schritte gegen Amazon angekündigt, weil auf dessen Marktplatz diverse Produkte aus China erhältlich sein sollen, die gegen das deutsche Textilkennzeichnungsgesetz verstoßen und damit „nicht verkehrsfähig“ sind. Dafür bekam er gestern reichlich Presse – schließlich ist Amazon-Bashing derzeit schwer in Mode. Mein Eindruck aber: Friedrich Knapp zündet hier nur eine Nebelkerze, um von den hausgemachten Problemen von New Yorker abzulenken. Denn New Yorker hat bis heute keinen Onlineshop, sondern kämpft viel mehr mit einem mittlerweile überdimensionierten Netz aus über 1.000 Filialen. Obendrein hat New Yorker immer wieder Ärger mit Gewerkschaften (das kennt man ja auch gut von Amazon) und macht wegen fehlender Transparenz in seiner Produktionskette von sich reden.

Handelsforscher Prof. Gerrit Heinemann spricht auf Twitter von einer „schweren Digitalallergie“ des 67-jährigen New-Yorker-Chefs Friedrich Knapp. Bis heute – und damit 25 Jahre nach der Gründung von Amazon – kann man die Produkte von New Yorker nicht im Internet kaufen. Wenn ja, dann allenfalls als Fälschung, wogegen New Yorker bereits juristisch vorgegangen ist. Doch statt dem Wunsch der Kunden Rechnung zu tragen, Mode gern im Internet zu kaufen, verweigert sich New Yorker dem E-Commerce beharrlich. Dabei werden schon heute 27,7 Prozent aller Umsätze im Bereich Fashion & Accessoires in Deutschland online erzielt, wie der Online-Monitor von HDE und IFH zeigt. Der stationäre Modehandel büßte demnach vergangenes Jahr in Deutschland 3,1 Prozent Umsatz ein (minus 1,099 Mrd Euro), während der Online-Handel mit Mode um 8,1 Prozent wuchs (plus 0,998 Mrd Euro).

Und so ist auch das Filialnetz von New Yorker vermutlich mittlerweile einfach zu groß: Von den über 1.000 Geschäften mussten in der Vergangenheit immer wieder auch welche geschlossen werden. Bezeichnend ist z.B. die Schließung einer großen Filiale 2018 in Hannover mit der Begründung, es gäbe in nächster Nähe eine weitere, noch schönere Filiale von New Yorker. 50 Mitarbeiter sollten dadurch damals ihren Job verlieren. Und eine Filiale soll 2015 in Offenbach soll kurz nach Gründung eines Betriebsrates in eine externe Gesellschaft (New Yorker Outlet GmbH) ausgegliedert und schließlich liquidiert worden sein.

Die Geschichte von New Yorker liest sich ähnlich wie die des irischen Textildiscounters Primark: 1971 und damit nur zwei Jahre nach Primark gegründet, expandierte das Unternehmen aus Braunschweig ab den 1990er Jahren massiv international: Es ist heute in 44 Ländern aktiv und zählt sich mit über 18.000 Mitarbeitern zu einer der größten internationalen Modemarken. Genau wie Primark denkt auch New Yorker bis heute komplett flächenbezogen und bietet keinen Onlineshop. Dabei setzt New Yorker vollständig auf eigene Labels wie etwa „Fishbone“, „Amisu“ oder „Censored“. Doch zugleich steht New Yorker, das dessen Gründer Friedrich Knapp laut „Forbes“ zum Milliardär gemacht hat, immer wieder in der Kritik. Sein Ruf als Arbeitgeber ist nicht der beste, wie die Portale Kununu oder Glassdoor zeigen. Und in Hinblick auf Nachhaltigkeit erhält New Yorker bei Rankabrand die niedrigste Bewertungsstufe: Der Hauptgrund dafür sei, „dass New Yorker nicht transparent berichtet, wie fair, klima- und umweltfreundlich die eigenen Produkte herstellt und gehandelt werden.“

New Yorker hat also eigentlich genug Aufgaben im eigenen Haus zu erledigen, statt sich nur mit Amazon zu zanken.

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