Die wichtigsten Technologietrends im Digital Commerce – Teil 2 unserer Umfrage.
von Florian Treiß am 27.August 2021 in News, Shoptech, Trends & Analysen„Worin sehen Sie aktuell die wichtigsten Trends in der E-Commerce-Technologie?“, haben wir IT-Experten für unser neues Whitepaper „Composable Commerce“ gefragt. Gestern konnten Sie hier bereits Antworten von Stephan Esch (freenet), Florian Wezel (Bergfreunde), Adrian Goller (Eterna Mode) und weiteren Fachleuten in Teil 1 der Umfrage lesen. Heute geht’s weiter mit Stimmen aus den Unternehmen celebrate company, Frontastic, OTTO, Rose Bikes und Spread Group.
Jürgen Krisch, CTO Spread Group
Mit stetig zunehmender Verzahnung von Märkten und Dienstleistern nimmt die Syndikation von Content und Services weiterhin einen wachsenden Stellenwert ein. Die Themen Omni- und Multichannel werden auch in den nächsten Jahren IT-Abteilungen umfänglich beschäftigen. Eine gut abgestimmte Infrastruktur aus den dafür benötigten APIs, nach innen wie nach außen, ist für uns die wesentliche Basis, die wir kontinuierlich um weitere Services und Feeds erweitern. Mit dem alleinigen Bereitstellen dieser Dienste ist es jedoch längst nicht mehr getan. Moderne APIs müssen „intelligenter“ werden, da ein rein regelbasiertes Bereitstellen oder Prüfen und Anbieten von Daten oft nicht mehr ausreicht. Mit „Predictive Intelligence“ arbeitende Schnittstellen ersparen Partnern und Kunden manuelle Prozesse und nehmen ihnen viele Entscheidungen ab. Die Auswertung vielfältiger „Big Data“-Quellen ist dafür unerlässlich, wobei konsequent Medienbrüche und Silos abgebaut werden müssen. Da die Verarbeitung oft in Echtzeit oder wenigstens in „neartime“ stattfinden soll, entstehen neue und teilweise hohe Anforderungen an die dafür verwendeten Technologien. Dies im Kontext mit möglichst verständlichen, flexibel einsetzbaren und effizient erweiterbaren Frameworks bereitzustellen, war und bleibt eine große Herausforderung.
Zusammenfassend kann man sagen: E-Commerce wird zunehmend vernetzter und das vermehrt „headless“. Distribution von Daten und Services ohne eigene Frontends zur Verwendung in Drittsystemen gewinnt dabei einen immer höheren Stellenwert.
Daniel Barthelmes, Bereichsleiter E-Commerce Solutions & Technology bei OTTO
Wertströme als Ausgangsbasis für Produkte, Prozesse, Organisationen und Infrastrukturen
Die Komplexität des E-Commerce-Geschäfts nimmt stetig zu. Dazu tragen sowohl die steigenden Erwartungen der Kund*innen, aber auch Veränderungen der Geschäftsmodelle, neue disruptive Player am Markt sowie nicht zuletzt die breite Verfügbarkeit innovativer Cloud Services bei. Um in diesem Umfeld erfolgreich zu sein, müssen alle Bestandteile der Wertschöpfungskette eines Unternehmens, von der Organisation bis in die eingesetzte Technologie, möglichst nahtlos ineinander greifen. Das kann nur gelingen, wenn wir alle Systeme, Technologien und Bereiche ständig überprüfen und anpassen. Um so schnell reagieren zu können, benötigen Unternehmen zwingend Cloud-native dezentrale Microservice-Architekturen für ihre skalierte Produktentwicklung, sowie Serverless Pattern für das schnelles Prototyping.
Die Integration dieser Produkte und Infrastrukturen über offene und transparente APIs
Wer horizontal skaliert, verlagert die technologische Komplexität aus den einzelnen Geschäftseinheiten in ein gesamtes Netzwerk mit dezentraler Architektur. Um mit dieser dezentralen Komplexität umzugehen, bedarf es mehr Kommunikation zwischen einzelnen Teams ‒ die Abstimmung wird (auch wegen unterschiedlicher technologischer Basen) teurer. Die Lösung sind standardisierte APIs, also Schnittstellen, zwischen den technischen Lösungen einzelner Teams. Die sorgen nicht nur für eine bessere Vernetzung, sondern auch für weniger doppelte Arbeit, da alle Teams transparent sehen können, wer welche Entwicklungen betreibt.
Die Dezentralisierung und Demokratisierung von Daten
Daten sind Teil eines jeden digitalen Produkts und fallen immer an, durch die Interaktion mit dem Produkt ebenso wie durch seine Nicht-Nutzung. Daten sind damit nicht nur allgegenwärtig, sondern in ihrer Natur auch grundsätzlich dezentral. Und sie sind für jede Organisation von unschätzbarem Wert für die kontinuierliche Weiterentwicklung ihrer Produkte. Wogegen noch vor einigen Jahren im Rahmen von KI-Strategien vielerorts gigantische Data Warehouses und Data Lakes aufgebaut wurden, deren Entwicklung und Nutzung häufig Spezialwissen voraussetzt, fangen Teams heute damit an, ihre Bedürfnisse auch im Bereich der Daten zunehmend selbst zu stillen. Technologische Unterstützung kommt ihnen dabei durch Entwicklungen im Cloud-Umfeld zu Hilfe, wo die großen Provider enorm strategisch darin investieren, ihre Produkte auch Anwender*innen ohne tiefgreifendes Entwickler*innenwissen zugänglich zu machen. In der Folge beginnen die Teams nun damit, die neuen Möglichkeiten aus der Cloud mit dem Gelernten aus der Softwareentwicklung zu verbinden. Sie behandeln Daten wie Produkte, entwickeln Dateninfrastrukturen wie Microservices, deployen Machine-Learning-Modelle im ContinuousDelivery-Ansatz und schaffen den Zugang zu ihren Datenprodukten zugangskontrolliert und datenschutzkonform über transparente APIs.
Thomas Gottheil, Gründer und CEO von Frontastic
Digitale Unternehmen stellen ihre Software-Architektur mehr und mehr auf Headless um. Sie setzen nicht mehr auf einen Software-Monolithen, sondern nutzen die Vorteile des Composable Commerce, um sich eine individuelle Lösung aus vielen verschiedenen Microservices zusammenzustellen. Durch einen API-first- und Cloud-NativeAnsatz reagieren diese Unternehmen schneller, skalierbarer und flexibler auf Veränderungen im Markt. Was dieser so genannte Headless-Ansatz aber vermissen lässt, ist die direkte Verbindung zum Kunden: das Frontend.
Hier wird es künftig besonders wichtig, auf eine leistungsstarke Commerce Frontend Plattform zu setzen, die Entwicklern das richtige Tooling zur Verfügung stellt, um effektiv neue Frontend-Features erstellen zu können und gleichzeitig Business Teams in die Lage versetzt, ohne technische Hilfe einzigartige Kundenerlebnisse mit einer herausragenden Performance in den Mittelpunkt zu stellen. Nur so werden E-Commerce-Teams zukünftig mit den rasanten Entwicklungen Im Bereich digitaler Kundenerlebnisse Schritt halten können.
Daniel Vollmer, Director IT bei Rose Bikes
Die Customer Experience ist Erfolgsfaktor Nummer 1 im E-Commerce, die Anforderungen an die IT werden dabei immer komplexer. Durch einen intelligenten API-Ansatz lassen sich deutlich schnellere Time-to-Market-Zeiten realisieren, wenn sich das Kundenverhalten ändert oder verlagert. Werden hier identische Daten zur Präsentation von Waren oder Dienstleistungen benötigt und müssen anschließend transaktionale Dienste angestoßen werden (bspw. Warenkorb- u. Checkoutprozesse), wird dies einfacher, wenn dafür keine Veränderungen an starren und über Jahrzehnte gewachsene Systemlandschaften vorgenommen werden müssen, sondern nur die Ein- und Ausgangsschnittstellen in Richtung des empfangenden Systems angepasst werden müssen. Darüber hinaus erlauben hybride Cloud-Infrastrukturen es, Lastschwankungen beispielsweise mittels dynamic loadbalancing auszugleichen, um das Shoppingerlebnis stabil und flüssig zu halten. Um dies alles in der IT-Infrastruktur des Unternehmens sicherzustellen, ist es extrem wichtig, in die Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter zu investieren, um die Konfigurationsmöglichkeiten im vollen Umfang zu durchdringen.
Steffen Behn, Co-CEO celebrate company
Headless Commerce setzt sich als Trend durch. Es bringt zwei große Vorteile mit sich, wenn ein individuelles Frontend mit einem oder mehr Standard-Backends kombiniert werden kann: Mehrheitlich gleiche Prozesse müssen nicht mehr von jedem Shopbetreiber neu implementiert werden. Im Frontend hingegen kann sich der Shopbetreiber vollumfänglich auf seinen spezifischen Kunden einstellen und so einen echten Unterschied zu seinen Wettbewerbern erzielen. Wird das mit einer sauberen Umsetzung des API-First-Ansatzes kombiniert, wird das Backend auch bei Weiterentwicklung nicht inkompatibel zum Frontend. Die Update-Falle wird eliminiert. Das entsprechend sauber entkoppelte Frontend kann sehr viel schneller optimiert und ausgebaut werden. Headless Commerce in Kombination mit Custom Frontends machen es um ein Vielfaches einfacher, die Kundenbedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen und wichtige Kundentrends wie Personalisierung umzusetzen.
Lesetipp
Diese Umfrage erschien zuerst in unserem Whitepaper „Composable Commerce“, das wir von Location Insider mit freundlicher Unterstützung von commercetools erstellt haben. Erfahren Sie darin, warum und wie erfolgreiche Brands mit Composable Commerce ihr individuelles Commerce-Setup aus den besten Lösungen am Markt (“Best-of-Breed”) zusammenstellen, um ihre Kundinnen und Kunden noch individueller anzusprechen.
Die weiteren Themen des Whitepapers „Composable Commerce“ im Überblick:
- Composable Commerce vs All-in-One
- Erfolgsstories von CHRONEXT, flaconi und Flaschenpost (CH)
- Interview mit Wolford-Manager Rainer Knapp zu Composable Commerce
- Hands-on: Wie der Systemwechsel zu Composable Commerce gelingt
- Wie die MACH Alliance das Thema Composable Commerce vorantreibt
- Glossar mit den wichtigsten Begriffen rund um Composable Commerce
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