Sensorkameras – Analytiker an der Ladendecke.
von Markus Gärtner am 03.November 2016 in News, Trends & AnalysenDie stets aufmerksamen Augen an Wand und Decke im Laden kennt jeder Kunde, der schon Mal ein stationäres Geschäft mit mehr oder weniger begehrten Produkten besucht hat. Videokameras sollen dafür sorgen, dass aus möglichst jedem Interessierten auch ein Käufer wird – und kein Ladendieb. Doch viele Kameras sorgen auch noch auf andere Art und Weise für gesteigerten Umsatz, nämlich als Gerät zur Kundenanalyse. So genannte Sensorkameras können nämlich u.a. erfassen, wie viele Kunden sich gerade in einem bestimmten Bereich befinden, welche Wege sie durch den Laden nehmen und wie lange sie sich wo aufhalten. Die daraus gezogenen Erkenntnisse lassen sich für Marketing, Produktpräsentation und Personaleinsatz nutzen.
Das Bremer Kaufhaus Lestra hat so geschafft, einen wenig frequentierten Bereich aus dem Dornröschenschlaf zu holen. Bei Lestra im Universitätsviertel kaufen täglich zwischen 3.000 und 6.000 Kunden ein. Aus den Bildern der Kameras wurden so genannte Heat Maps erstellt, die farblich die Zahl der Kunden anzeigen: Blau bedeutet wenig los, Rot dagegen viel Verkehr. „Der Schreibwarenbereich befindet sich optisch mitten im Markt. Heat-Mapping-Analysen haben ergeben, dass sich in diesem Bereich zu wenig Kunden bewegten, weil die meisten den Weg außen herum nahmen“, erklärt Geschäftsführer Cornelius Strangemann gegenüber dem „Handelsjournal“ den Effekt der Kameras. Daraufhin überarbeitete der Betreiber die Abteilung, die Regalhöhen wurden abgesenkt und das Ambiente optisch aufgewertet. Ergebnis: Mehr Kunden, mehr Umsatz.
Auch bei der Planung der Mitarbeiter können die Sensorkameras helfen. Der Gießener Schuhhändler Darré optimiert mittels der Analysen seit Jahren, wie viel Personal in welchem Bereich zu welcher Zeit im Einsatz ist. Was zuvor noch der subjektiven Einschätzung der Verkäufer und der Auswertung der Verkaufszahlen überlassen wurde, ist nun Ergebnis von ausgefeilter Technik. Mittels Sensoren kann u.a. festgestellt werden, wie viele Menschen den Laden nur besuchen und wie viele auch tatsächlich kaufen.
Nicht nur für die langfristige Planung von Maßnahmen sind die Systeme sinnvoll, der Händler kann auch in Echtzeit reagieren. Erkennt das System bzw. der Mensch im Hintergrund, das in einem Bereich gerade wenig los ist, könnten gezielt Produkte beworben oder Kunden angesprochen werden, z.B. auch durch Beacons oder mit Hilfe elektronischer Preisschilder. Die Kameras können die Kunden sogar nach Alter und Geschlecht differenzieren und so z.B. Zielgruppen genauer umreißen, Marketingkampagnen lassen sich darauf basierend besser umsetzen.
Weiterführende Links:
- In Store Tracking: Wie Kunden nun auch in Filialen analysiert werden können
- Erklärvideo von Axis: Cross-functional use of network video in retail
In unserer Serie „Future Commerce“ beleuchten wir jeweils donnerstags eine Innovation, ihre Möglichkeiten und Auswirkungen auf den stationären Handel. Bisher sind erschienen:
- Indoor Navigation – Digitale Wegweiser im Laden-Labyrinth
- Kleine Sender mit großen Erwartungen – was können Beacons?
- Geofencing im Handel: Den Kunden locken, aber mit Zurückhaltung.
- Zeitsparer oder Preistreiber – Elektronische Preisschilder im Handel.
- Wie kann Big Data im stationären Handel helfen?
- Wie Virtual Reality im Handel den Kunden in neue Welten führt
- Pokémon Go – Wie kleine Monster dem Handel helfen können
- Wie können Chatbots dem Handel helfen?
- 3D-Druck – Chancen und Risiken für den Handel
Newsletter abonnieren
Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter von Location Insider. Wir liefern darin täglich gegen 11 Uhr business-relevante Hintergründe zur Digitalisierung des Handels.